Praxis Papierrestaurierung

Neben Objekten aus den Sammlungen des Lindenau-Museums selbst finden gelegentlich auch Objekte von außerhalb ihren Weg in die Restaurierungswerkstätten des Museums. Zuletzt handelte es sich beispielsweise um vier handgezeichnete Flurkarten aus dem 19. Jahrhundert, die den Flussverlauf der Pleiße abbilden und aus den Beständen des Kreisarchives stammen. Dieses ist zuständig für die Aufbewahrung von Archiv- und Schriftgut wie Akten, Urkunden, lokalen Zeitungen, Karten und Plänen. Das Archiv umfasst ca. 1.800 lfm Akten und 45 wertvolle Urkunden.
Die vier Flurpläne waren jahrelang eingerollt in Schubladen untergebracht und hatten eine entsprechende Form angenommen. Es war nicht möglich, sich die Pläne im Ganzen anzuschauen, denn sobald man sie plan auf einen Tisch legen wollte, rollten sie sich sofort wieder zusammen. Außerdem kam es durch die Lagerung – neben vielen kleinen Rissen entlang der Ränder – zur Bildung langer Risse, die teilweise bis in die Zeichnungen hineinreichten. Mit jedem Aufrollen wurden diese Risse größer. Das Kreisarchiv übergab dem Restaurierungsteam des Museums die Karten daher mit der Zielstellung, diese wieder benutzen zu können, ohne dabei jedes Mal weitere Schäden zu verursachen.
Dieses Projekt habe ich zusammen mit einer Kollegin vom Residenzschloss Altenburg übernommen. Gemeinsam mit zwei weiteren Jahrespraktikantinnen absolvieren wir derzeit ein einjähriges studienvorbereitendes Praktikum – das „Altenburger Praxisjahr für Kunstgut- und Denkmalrestaurierung“. In diesem Rahmen haben wir täglich mit Kunstwerken sowie Objekten und Materialien verschiedenster Art zu tun, darunter auch ebendiesen Flurkarten. Die Papierrestauratorinnen und -restauratoren des Museums standen uns bei Fragen und für Anleitung während des gesamten Restaurierungsprozesses stets zur Verfügung.
Nachdem der Handlungsbedarf festgestellt worden war, konnten wir mit der Restaurierung der Flurkarten beginnen. Auf den Papieren war meist an den Rändern ein offensichtlicher Schmutzstreifen zu erkennen. Das sind die Stellen, die bei der Lagerung aus den Rollen herausgeschaut hatten und somit Staub und Schmutz am meisten ausgesetzt waren. Um die Karten von den Verschmutzungen zu befreien, sah der erste Schritt der Restaurierung eine Trockenreinigung mit einem Natur-Latex-Schwamm vor. Mit diesem „radiert“ man den Oberflächenschmutz weg. Der Schwamm reinigt das Papier aufgrund seiner porigen Struktur und Elastizität mit wenig Druck effektiv und sanft, wobei er keine Krümel auf der Oberfläche hinterlässt.
In gereinigtem Zustand konnten die Papiere danach planiert werden. Dafür befeuchteten wir diese leicht mit Wasser und beschwerten sie mit Gewichten zwischen Hollytex-Vlies, Löschkarton und großen Glasplatten. Dort blieben sie über Nacht, wodurch sie wieder ihre ursprüngliche Form einnehmen konnten, ohne dabei beschädigt zu werden. In ihrer nun geglätteten Form konnte ich mich der Rissbehandlung widmen. Dafür wurden die Risse und Fehlstellen, die am Rand entlang entstanden sind, mit dünnem Japanpapier und Weizenstärkekleister hinterklebt, um dann zwischen Hollytex-Vlies und Löschkarton mit Gewichten beschwert zu werden. So können die behandelten Stellen gut trocknen ohne irgendwo festzukleben. Beim Schließen der Risse besteht die größte Herausforderung darin, das Papier wieder genauso zusammenzukleben, wie es auch gerissen ist. War die Rissbehandlung erfolgreich, können die nun stabilen Flurkarten wieder problemlos betrachtet werden. Natürlich gilt es trotzdem eine entsprechende Vorsicht an den Tag zu legen. Schließlich handelt es sich nach wie vor um alte Papierobjekte, die zur Vermeidung zukünftiger Schäden dieser Art nicht mehr eingerollt, sondern nun in passenden Mappen aufbewahrt werden