Stolberg

von Marie Hauck

 

Jedem Ende folgt ein neuer Anfang.
Ein neues Kapitel sozusagen, für uns als „nächste Generation“ der Praktikantinnen des Altenburger Praxisjahres.  
Noch nie seien alle Teilnehmerinnen so jung gewesen, hieß es.
Wir kommen quasi mehr oder weniger direkt von der Schulbank, haben eigentlich überhaupt keine Berufserfahrung und auch noch nie alleine in einer fremden Stadt gelebt.
Trotzdem hat niemand von uns gezögert diesen Schritt zu gehen, ein neues Kapitel aufzuschlagen und in Altenburg in den Beruf der Restaurierung einzusteigen.
Unsere ersten beiden Praktikumswochen verbrachten wir in Stolberg, einem kleinen Dorf im Südharz, welches neben besonders viel Fachwerkarchitektur und einer Keksfabrik, auch ein imposantes Schloss zu bieten hat. Seit etwa 10 Jahren überschatten Bauarbeiten die Kulisse, welche das Schloss zu einem Hotel werden lassen sollen.  
Eben dieses Schloss wurde für die nächste Zeit zu unserem Arbeitsort.
Genauer gesagt, bestand unsere Aufgabe darin, die Wände eines der Torhäuser zu restaurieren. Was zunächst unscheinbar klingt, gestaltete sich schon zu Anfang als Herausforderung, da wir unsere knapp 4 Meter hohen Rollgerüste eigenständig aufbauen sollten.

Im Nachhinein betrachtet müssen wir wohl ein recht außergewöhnliches Bild abgegeben haben. Vier Praktikantinnen, die Gerüste herum schieben, direkt neben Bauarbeitern, die, begleitet von Schlagerradio, die Außenwände des Schlosses verputzen.  
Ja, wir entsprachen optisch tatsächlich eher weniger einem typischen Baustellen-Klischee.

Was aber keineswegs bedeutet, dass wir weniger hart gearbeitet haben.  
Zwei Wochen lang machten wir es uns zur Aufgabe, den historischen Putz der Torhauswände zu reinigen und zu sichern.  
Dabei kamen wir schnell mit verschiedenen Tätigkeiten der Wandrestaurierung in Berührung. Beispielsweise entfernten wir mit Skalpell und Spatel neuere Farbschichten und Tünchen vom historischen Zustand der Wand.  
Risse und Löcher mussten gekittet werden, weshalb wir auch unsere Kenntnisse in Bezug auf Mörtel verbessern konnten.
In der Nähe von Stolberg wurden große Mengen Gips abgebaut, weshalb dieses Material auch an der Fassade des Schlosses Verwendung fand.
Um den historischen Putz materialgerecht zu sichern, mischten wir verschiedene Arten Gipsmörtel  an.  
Man unterscheidet dabei zwischen einem gröberen Gips-Sand-Gemisch zum Anböschen des Putzes und Stopfen von Löchern in der Wand, einem feinen, gesiebten Mörtel zum Kitten von Rissen und zuletzt einem Gipsmörtel, der lose Putzschollen langanhaltend wieder am Mauerwerk befestigt und sich deshalb besonders gut zum Hinterfüllen hohler Stellen eignet.  
Zwischendurch wurden wir hin und wieder mal von Besuchern unterbrochen, welche neugierig zu uns hoch schauten, uns fragten was wir da so machen würden, vor allem aber gern den Weg zum Schlossmuseum wissen wollten.
Die letzen beiden Tage durften wir sogar eine bereits gereinigte Wand mit Heißkalk tünchen. Diese Art von Kalk ist hochreaktiv und muss nach dem Anrühren mit Wasser möglichst schnell aufgepinselt werden, gleichzeitig ist sie aber auch besonders resistent gegen Witterung

 

Als wir uns zum ersten Mal die rostbraunen Wände des Torhauses angesehen haben, hätte wohl niemand gedacht, dass sich dahinter zum Teil ein strahlend-weißer historischer Putz verstecken würde.
Erstaunlich fand ich auch, wie schnell man praktisch arbeiten durfte und mit wie viel Vertrauen man sofort an das Objekt herangelassen wurde.  
Bis es sich irgendwann so angefühlt hat, als wäre Stolberg unser Projekt, unsere Baustelle.  
Auch in Bezug auf unsere Gruppe glaube ich, dass wir ohne die beiden externen Arbeitswochen, wohl nie so schnell so zusammengewachsen wären.

Abschließend spreche ich wohl für alle Praktikantinnen, wenn ich sage, dass Stolberg ein sehr intensives, lehrreiches, aber auch ein sehr schönes Erlebnis war, welches uns einen abwechslungsreichen Start in die Berufswelt der Restaurierung ermöglicht hat.  
Ich bin gespannt wo wir am Ende des Altenburger Praxisjahres stehen werden; ich bin gespannt auf alles was noch kommt!